„Querdenken 241“: Drei Jahre wider die Corona-Maßnahmen und das Impfen
Region Aachen. In diesem Monat feiert „Querdenken 241“ (QD241) sein dreijähriges Bestehen. Nachdem die Ankündigung – frühzeitig als „save the date!“ veröffentlicht – zunächst auf eine größere Feier oder Demonstration am 5. August hindeutete, scheinen sich derzeit nur kleinere, gesellige Treffen anzubahnen. QD241 ist eine der letzten noch unter diesem Label aktiven Ortsgruppen aus dem alten bundesweiten Netzwerk.
„Querdenken 241“ Aachen hatte sich Mitte 2020 gegründet, nachdem „Querdenken 711“ Stuttgart und das Netzwerk bereits Wochen zuvor entstanden waren. Die lokalen Gruppen durften sich aber nicht selbst so nennen, sondern wurden von Stuttgart aus legitimiert. Später beobachtete der Verfassungsschutz die meisten „Querdenker“-Gruppen, auch jene in Aachen. Inzwischen gibt es bundesweit nur noch Reste von Ortsgruppen, nicht selten unter anderem Namen, viele weitere haben sich unterdessen aufgelöst. Mittlerweile verwendet QD241 auch das Label „Friedensinitiative Querdenken 241 Aachen“.
Ursuppe verschwörungsideologisches Spektrum
Ausgangspunkt für die Gründung waren im Frühjahr 2020 die ersten „Corona-Demos“ in Aachen aus dem verschwörungsideologischen Spektrum, die sich rasch zu einer Art ersten Querfront-Bemühung entwickelten. Die Ursuppe für QD241 bildeten verschiedene Protagonist*innen aus dem Spektrum der Pandemie-Leugner*innen, Schutzmaßnahmen-Gegner*innen, Esoteriker*innen und Verschwörungsgläubigen. Maßgeblich war auch eine Gruppe aus Esoteriker*innen, Verschwörungsgläubigen und Rechten, die sich von Frühjahr bis Herbst 2020 „Corona Rebellen“ nannte. QD241-Aktivist*innen lebten und leben verstreut in der Region oder im benachbarten Ausland.
Im Oktober 2020 stoppten drei Köpfe der „Querdenken“-Bewegung mit ihrer „Corona-Info-Tour“ am Aachener Tivoli: Bodo Schiffmann, Samuel Eckert und Ralf Ludwig. Spontan hielt auch ein Rechtsextremist und „Reichsbürger“ eine Rede. QD241 war zwar nicht Veranstalter, unterstützte die Anreisenden und die Kundgebung jedoch vor Ort. Erstmals im November 2020 trat „Querdenken 241“ dann als alleiniger Veranstalter einer „Großkundgebung“ im Kurpark in Erscheinung. Ein Dammbruch in Richtung Rechtsradikalismus erfolgte Anfang Januar 2021 am Elisenbrunnen – aufgrund eines eingeladenen Redners. Im Februar 2021 trat ein „Reichsbürger“ der „Corona Rebellen Düsseldorf“ bei einer Kundgebung vor dem Rathaus auf. Bei einer weiteren „Großkundgebung“ von QD241 inszenierte man sich als Antifaschist*innen, als Redner traten gleichwohl der „Querdenken“-Gründer Michael Ballweg und der AfD-nahe Max Otte auf. 2022 schloss dann die CDU Otte aus der Partei aus, weil er auf Vorschlag der AfD für das Amt des Bundespräsidenten kandidiert hatte.
Kleingruppen als Strategie
Seit Anfang 2021 gab es eine lose Kooperation mit einer neuen Initiative bei den Anti-Lockdown-Protesten. Formal waren diese ursprünglich „spontan“ geplanten Versammlungen aus dem rechtsoffenen Spektrum eine Art strategische Fortsetzung und zugleich ein Wegweiser: Unterschiedliche Protagonisten fanden zusammen, kooperierten und traten immer wieder auch unter variierenden und wechselnden Namen einzeln oder gemeinsam auf. Ein QD241-Aktionstag mit mehreren Kundgebungen, Infoständen und Demonstrationen floppte einigermaßen im Juni 2021. Später im Jahr schloss sich die sektiererische „Freie Linke Aachen“ den Kleingruppen und Bündnissen an. In der Folgezeit fungierte mit Andrej Hunko von „Die Linke“ regelmäßig ein Bundestagsabgeordneter als Redner bei verschiedenen Kundgebungen der Aachener Querfront.
Die ab Ende 2021 von QD241 gemeinsam mit anderen Gruppen organisierten „Impf-Demos“ nahmen im Vergleich zu früheren Protesten stark zu und führten in Aachen über Wochen zu einer zeitweisen Lahmlegung der Innenstadt. Die Relativierung des Nationalsozialismus und des Holocaust nahm auffällig zu und neben „dieBasis“ war auch die AfD ein heimlicher Akteur. Impfgegner übernahmen und ergänzten eine auf NRW zugeschnittene impfkritische Wanderaktion, die von einem Aachener „Querdenker“ mitorganisiert wurde. In der Region entwickelten sich weiterhin Querfront-Bestrebungen im Zuge der teilweise pro-russischen „Friedensdemonstrationen“.
Ende 2022 respektive Anfang 2023 wurde ein Gastspiel des Verschwörungsguru Daniele Ganser angekündigt, der dann Ende März auch im Eurogress auftrat. Auch wenn QD241 nicht direkt involviert war, war der Besuch Gansers für die „Querdenker“ ein Event. Als besagte Kleingruppen und Querfrontler erfuhren, dass der Karlspreis an das ukrainische Volk und Präsident Wolodymyr Selenskyj gehen sollte, wurde dagegen agitiert. Dem Aufruf des Bündnisses zu Gegenprotesten und der Verleihung eines Art Gegen-Karlspreises in Aachen folgten auch Mitglieder und Funktionäre der AfD, Rechtsradikale bis Rechtsextremisten, „Reichsbürger“ und Antisemiten.
Beeinträchtigung des Stadtlebens
Drei Jahre „Querdenken 241“ haben die Stadt geprägt – und durch die zahlreichen Proteste das städtische Leben zeitweise beeinträchtigt, zuweilen sogar sehr. Auf dem Höhepunkt der „Spaziergänge“ im Zuge der „Impfdebatte“ zogen nicht nur große angemeldete Demonstrationszüge durch Aachen, sondern auch hunderte „Spaziergänger*innen“ bei illegalen Versammlungen rund um Elisenbrunnen, Dom und Rathaus. Auffällig war, dass stets ein Spektrum von links- bis rechtsaußen gemeinsam aktiv und unterwegs war.
Die führenden Aktivist*innen und Organisator*innen bei QD241 gehör(t)en oft der sogenannten bürgerlichen Mitte an. Nicht selten waren und sind Menschen aktiv, die studiert haben und gut bezahlte Berufe ausüben – etwa in der IT- und Computerbranche, aber auch im Bereich der Alten- und Krankenpflege. Heilpraktiker*innen und „alternative“ Ärzt*innen gehören ebenso dazu wie promovierte Wissenschaftler*innen und Pädagog*innen, manche davon jedoch schon im Ruhestand.
Bei QD241 spielten „Liebe“ und „Frieden“ immer eine große Rolle, man sei eine „Menschheitsfamilie“ und gehe „achtsam“ miteinander um. Dennoch wurden Kritiker*innen und „Schlafschafe“ angefeindet, verleumdet oder lächerlich gemacht – während man sich selbst durch sachliche oder auch polemische Kritik zu Unrecht „diffamiert“ fühlte. (mik)